Wie gut mir Kathrin Passigs und Sascha Lobos „Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin“ gefallen hat, sieht man schon an der gar nicht minimalistischen Menge an Post-its, mit denen ich das Buch „verschönert“ habe: Jeder Klebezettel steht für eine Stelle, die ich mir merken wollte oder in der ich mich wiedererkannt habe. Ganz schön viele also.
Doch worum geht es?
Trotz des Titels möchte das Buch explizit kein „Selbsthilfebuch“ sein. Denn, wie die Autoren selbst sagen: „Wir wollen vielen Menschen eine Stimme sein, die zwischen den verhärteten Fronten der überfleißigen Arbeitstiere und der alles ablehnenden Faulenzer leben.“ Es geht also explizit nicht, wie in vielen anderen Ratgeberbüchern, darum, die eigene Produktivität zu verbessern, das Arbeitspensum zu erhöhen und sein Leben besser zu managen. Genauso wenig will aber „Dinge geregelt kriegen“ ein Buch für Aussteiger sein.
Lobo und Passig wollen vielmehr einen Mittelweg finden, zu ein bischen mehr Selbsterkenntnis im Bezug auf das eigene Arbeitsverhalten anregen, und dazu auffordern, die eigenen Erwartungen und den eigenen Perfektionismus zu Gunsten des Glücklichseins zurückzuschrauben. Nicht der Mensch muss den Erwartungen angepasst werden, sondern die Erwartungen dem Menschen – und zwar sowohl diejenigen, die von außen an einen herangetragen werden, als auch die selbstgeschaffenen. Dieses Prinzip liegt dem gesamten Buch zu Grunde und beeinflusst, wie Lobo und Passig an ihre zahlreichen Themen (u.a. Prokrastination, Erledigen von Aufgaben, Timing, Kommunikation, usw.) herangehen.
Beim Stichwort „Prokrastination“ sieht das beispielsweise so aus:
Um zu verstehen, wieso Menschen Dinge nicht geregelt kriegen, analysieren die Autoren zunächst, wieso man überhaupt „prokrastiniert“, also Aufgaben auf unbestimmte Zeit aufschiebt. Die Ursachen können sehr vielfältig sein: Unterforderung, Überforderung, Langeweile, Begeisterungslosigkeit, Angst vor Fehlern, Perfektionismus, mangelnder Ehrgeiz, zu viel Liebe zum Thema, usw. Wie diese Liste schon andeutet, ist Prokrastination durchaus nicht außergewöhnlich – und genau diesen Aspekt betonen Lobo und Passig auch ganz besonders. Es sei utopisch, so die beiden, anzunehmen, man könne sein Leben rein produktiv und prokrastinationsfrei bestreiten. Vielmehr plädieren die Autoren dafür, das Aufschieben endlich als etwas völlig Normales anzuerkennen und statt Energie darauf zu verschwenden, die eigene Natur zu bekämpfen, lieber Strategien zu entwickeln, um die Aufschieberitis im entscheidenen Moment ausreichend unter Kontrolle zu halten, um sich nicht in die (sozialen) Nesseln zu setzen. In vielen Fällen, so Lobo und Passig, falle ein bischen Aufschieben nämlich gar nicht ins Gewicht.
In ähnlicher Weise gehen die Autoren dann an die weiteren Themen des Buches heran: Immer geht es darum, die eigenen Erwartungen zurückzuschrauben, den Perfektionismus an den Nagel zu hängen und das gesunde Mittelmaß zu finden, mit dem man in der Gesellschaft „funktionieren“ kann, ohne allzusehr anzuecken oder sich zu verausgaben.
Fazit:
Wie schon gesagt: Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Ich habe mich nicht nur an vielen Stellen wiedererkannt, sondern fand auch den sehr humorvollen, anekdotischen Schreibstil ausgesprochen unterhaltsam. Auch die „Message“ des Buches fand ich angesichts des doch immer mehr um sich greifenden Perfektionswahns (v.a. was das Arbeitsverhalten angeht) sehr erfrischend. Die Autoren zeigen, wie ich finde, sehr anschaulich, dass „mehr“ und „besser“ nicht immer unbedingt notwendig ist, und dass das Leben mit ein bischen mehr Mittelmaß und Mut zur Lücke auch ganz schön sein kann.
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Dieser Artikel ist von Marie. Sie hat 2014 für die Minimalistenfreun.de geschrieben.
Super, das muss ich auch lesen… was für eine kleine (=große!) Aufschieberin ich doch bin, stelle ich in meinem akuten Umzugschaos auch gerne wieder fest :D
Interessantes Buch, hört sich gut an! Danke für die Vorstellung!