Ich bin unglaublich effizient im Abarbeiten von To Do-Listen. Ich prokrastiniere kaum mehr, nachdem ich so ziemlich jeden Ratgeber zum Thema Getting Things Done, Produktivität, Zeitmanagement und Self-Oganization gelesen habe. Ich kann mich unglaublich gut selbst organisieren, das stimmt. Doch was ist, wenn man nichts wichtiges mehr erledigen muss und man eigentlich zur Ruhe kommt – aber innerlich einfach nicht abschalten kann? Heute möchte ich euch erzählen, warum ich meine innere To Do-Liste loswerden möchte.
Perfekt durchgeplant
Wenn ich etwas kann, dann planen und organisieren. Über viele Jahre habe ich es mir angeeignet – dazu kommt noch, dass ich ein sehr ordentlicher und manchmal auch penibler Mensch bin. Ordnung hat mir schon immer ein Gefühl von Sicherheit und Klarheit gegeben. Ich räume gern auf, sortiere aus, räume um, optimiere und perfektioniere, bis ich zufrieden bin. Das Problem ist nur, dass diese Zufriedenheit nie lang anhält. Immer findet sich etwas Neues, das man besser anordnen kann – und eigentlich, wo wir schon mal dabei sind, kann es gleich auch weg, denn ich benutze es ja eh nicht mehr… Und schwupps, kann man sich mit Fotos machen, Beschreibung ausdenken usw. ablenken und allerlei Zeit vertun. Immer alles unter dem Deckmantel des Optimierens.
In meinem Kopf sind in jeder Minute tausende Gedanken, wie ich etwas noch effizienter, kürzer, schneller oder besser gestalten, durchführen oder handhaben könnte. Jede Tätigkeit hat eine Vielzahl von Abkürzungen und Verbesserungen inne, dass es mich wurmt, nicht alle durchführen zu können. Das Optimieren und Perfektionieren ist ein Fass ohne Boden. Es macht verdammt viel Spaß, sich auf die Reise in die Perfektion zu begeben, doch dann kommt irgendwann der Punkt, an dem man bemerkt, dass man sich in ein Konzept verrannt hat, das nie fertig ist. Die Perfektion ist nie perfekt.
Wenn man ständig optimieren will und sich daran gewöhnt hat, alles noch besser machen zu wollen, dann hat man auch immer eine To Do-Liste im Kopf. Als besonders proaktiver Mensch fallen einem auch immer wieder Sachen ein, die man tun könnte. Das ist sicher oft auch notwendig und es gibt genügend Zeitgenossen, die sich im anderen Extrem beheimatet fühlen und schon das Herumliegen auf der Couch als aktiv kategorisieren, doch heute sprechen wir ja von dem anderen Extrem. Diese Menschen – zu denen ich mich leider zählen muss – scannen ihre Umwelt im Sekundentakt und notieren sich am laufenden Band die Dinge, die man verbessern könnte. Nicht nur im Kopf, sondern real auf einer Liste.
Bis zur Erschöpfung
Das ist – wie schon erwähnt – bis zu einer gewissen Grenze sehr schön und bringt einen weiter im Leben. Jedoch gibt es da einen Moment, wo man sich selbst damit nervt. Man bemerkt diesen Moment leider viel zu spät, wenn es schon fast zu spät ist und es einem total schwer fällt, sich abzugewöhnen, ständig etwas machen zu müssen. Man hat sich sein eigenes Hamsterrad konstruiert und rennt und rennt und rennt und will nebenbei die Speichen des Hamsterrades gern not knallrot streichen. Und wieder ein Punkt auf der To Do-Liste.
Burnout kennen sicher viele. Vielleicht nur als Begriff, aber vielleicht auch von Freunden, Bekannten oder sie haben es selbst erfahren. Als Endstation der Überlastung kann Burnout aus verschiedenen Faktoren resultieren: Dass Workaholics Burnout bekommen, kann jeder nachvollziehen. Auch gestresste alleinerziehende Eltern. Doch vielleicht kann man auch burnout-ähnliche Symptome erfahren, wenn man innerlich immer am rotieren ist, obwohl alles schon getan ist. Man ist gut gelaunt und fröhlich, man schafft sehr viel – doch am Ende des Tages fühlt es sich einfach nicht gut an. Man ist nicht fertig.
Gibt es einen Ausweg?
Die Sichtweise ändern und erkennen dass das, was man hat, jetzt in diesem Moment, das OPTIMUM ist. Es musst nicht perfekt sein, um schön und gut zu sein. Das, was jetzt gerade ist, reicht aus. Es muss nicht verbessert werden. Eine verrückte Denkweise, oder? Ich bin gerade dabei, dieses Denken zu üben. Da ich sehr penibel bin und gern alles ordentlich habe, rege ich mich schnell auf, wenn mein Freund es anders macht. Wenn etwas zum Beispiel nicht genau so weggeräumt wird, wie ich es gern hätte, damit es perfekt ist. Doch so, wie er es macht, ist es für ihn perfekt und für mich reicht es aus. Und das versuche ich gerade anzunehmen :)
Hallo, du sprichst mir echt aus der Seele, das alles kenne ich leider nur zu gut. Und ich meine LEIDER,obwohl all meine Freunde mich als diszipliniert,effektiv, effizient und gut organisiert beschreiben, fühle ich mich manchmal einfach nur ausgelaugt, da es immer irgendwas zu tun, zu planen gibt. Und sei es nur mal wieder ein Mädelsabend, den ich dann plane und somit die ganze Verantwortung bzgl. Location, Zeit usw habe. Alles hausgemacht….
Außerdem bin ich auch ein sehr großer Fan von To-do-Listen, die schön abgearbeitet werden und für den nächsten Tag bzw die nächste Woche gleich wieder ergänzt werden. Allerdings habe mir aber auch eine „To-be-Liste“ (da sind Rituale drauf, die mich glücklich machen) angelegt, von der ich mittlerweile immer einige Dinge in meinen Alltag integriere. Aber einen Weg aus der Perfektionsfalle habe ich auch noch nicht gefunden, somit bin ich sehr gespannt, wie Du das schaffst :)
Liebe Grüße, Petra
Liebe Dori,
ein sehr interessanter Beitrag!
Mir geht es immer wieder so wie dir, dann habe ich lange Phasen, wo ich mich eher auf dem anderen Ende des Spektrums befinde.
Dieser Satz von dir ist mir besonders aufgefallen:
„Ordnung hat mir schon immer ein Gefühl von Sicherheit und Klarheit gegeben.“
Meiner Erfahrung nach ist es nie gut, wenn man Sicherheit und Klarheit irgendwo in der Außenwelt sucht/braucht. Das kann nie gut gehen.
Wenn ich darüber nachdenke, geht es mir in meinen Optimierungs-Phasen genauso. Chaos in meinem Kopf und in meinen Gefühlswelt durch Ordnung in meiner Wohnung und in meinem Kalender unterdrücken.. dann wird es mir irgendwann bewusst, was ich da mache, also nehme ich mir Zeit für mich: alleine sein, nachdenken, Tagebuch schreiben… Techniken aus Yoga & Meditation kann ich dir zum akuten Kopf-Abschalten empfehlen.
Allerdings braucht es hier auch eine Art Balance, denn wenn man komplett nach innen orientiert mit Klappen auf den Augen durchs Leben läuft und die „weltlichen“ Pflichten ignoriert, ist man in dem anderen Extrempunkt angekommen…
Also, ich trainiere mich im Gleichgewicht halten – und dir wünsche ich viel Spaß und tolle AHA-Momente auf deiner Befreiungsreise!
Vielen lieben Dank für deine Worte! Tatsächlich versuche ich mich an Achtsamkeitsübungen und Atemtechniken und das hilft mir sehr gut. Irgendwann ist halt eben alles mal aufgeräumt (zumindest in der Wohnung) und dann merkt man, dass die Sorgen und Ängste in einem selbst liegen und man sie unterdrückt. Ich mache mir bewusst, was ich gerade mit einer Aufräumen-Handlung überdecken will und versuche, diesen Gefühlen und Gedanken offen gegenüber zu sein. Gar nicht mal so leicht, aber sehr interessant! :)
Dir auch alles Liebe!
Das, was du schreibst, kenne ich auch… genau so! Das sind wir Perfektionisten- Menschen, und leider habe ich auch schon bemerkt, dass wir uns damit das Leben nicht unbedingt leichter machen… Ich bin genauso am „lernen“, innerlich mehr so sein zu lassen, wie es ist. Ich versuche mir von anderen abzuschauen, wie man mit einer entspannteren Haltung und weniger zielgerichtet (die to-do-listen und „ich muss noch unbedingt dies und jenes“… nein, das kann auch noch später!) den Alltag angehen kann, und dass es dann ganz genauso gut läuft, oder sogar noch viel besser!!! Und gleichzeitig ist viel mehr Lebensfreude und Leichtigkeit da! Aber ich muss auch das noch mehr verinnerlichen. (-;