Hand aufs Herz: in der Freizeit verbringen wir einen nicht gerade kleinen Teil unserer Zeit auf Social Media Plattformen wie Facebook, Instagram, YouTube etc. Wir können Informationen unglaublich schnell abrufen und verbreiten. Und nicht zuletzt erhalten wir einen gewissen Einblick in das Leben anderer Menschen. Fremde werden virtuell zu guten Bekannten.
Auf Facebook teilen wir Gefühle mit und posten Statements zu Themen, die uns am Herzen liegen. YouTube gewährt uns in bewegten Bildern Einblicke in Wohnungen, Schminktische, Kleiderschränke und das Innenleben der Kanalbetreiber.
Instagram spuckt uns jeden Tag, jede Minute, unzählige Bilder und kurze Videos entgegen. Kleine Einblicke ins #reallife, aber eher ohne #nofilter.
Dass wir gerne einen Einblick in das Leben anderer haben wollen, scheint logisch. Neugier ist eine Sache, die uns allen mehr oder weniger ausgeprägt in die Wiege gelegt wird. Wie ist das Leben anderer und was machen die so?
Glaubt man fast 100% der angesagten Youtuber in ihren Morning Routines, so ist ihre erste amtliche Handlung: Social Media Kanäle checken, sehen was andere so machen, auf Kommentare antworten. Noch vor dem Essen oder Zähneputzen!
Diese Tatsache bringt uns indirekt zu einem der vielleicht größten Probleme nicht existenzieller Natur der Generation Y: Wir kennen tausend Dinge, haben schon alles gesehen. Aber uns selbst kennen wir kaum.
Warum wir so interessiert am Leben und den geteilten Bildern anderer Menschen oder Hunde (zahllose Instagram-Accounts mit niedlichen Corgi-Bildern… mega putzig!) etc. sind, ist ja plausibel… die olle Neugier. Was hat mein Nachbar für einen Fernseher, wie sieht sein Partner aus. So funktioniert das auch in den sozialen Medien. Das Problem der sozialen Medien ist nur: keiner zeigt seine schlechten Tage, seine Misserfolge. Wir sehen immer nur den besten Teil eines Lebens.
Logisch – wer will der Außenwelt schon seine unebene Haut, sein verschlafenes Gesicht um 7 Uhr morgens oder das Chaos in der Wohnung zeigen. Perfektion ist gefragt.
Sind wir uns dessen nicht bewusst kommt schnell die Schlussfolgerung: alle anderen haben ein viel besseres und aufregenderes Leben als wir selbst.
YouTuberin Xy schafft es jeden Tag sich gesund zu ernähren und macht mindestens jeden zweiten Tag Sport und nebenbei sind ihre Nägel immer perfekt manikürt und die Haare immer top gestylt. Natürlich kommt da der Neid in uns auf: warum schaffe ich das nicht und warum gelingen mir manche Sachen nicht so gut wie anderen. Diese Gedankenspirale kann schnell zu enormer Unzufriedenheit führen.
Aber… wie schon erwähnt müssen wir uns bewusst sein, dass die einzige Daseinsberechtigung von Social-Media-Posts häufig die Profilierung ist. Wie realitätsnah solche Posts sind, ist manchmal schwer einzuschätzen. Also sollten wir immer auch im Hinterkopf behalten, dass sie nicht unbedingt ein Abbild der Realität sind; sie können also nur sehr bedingt ein Vorbild für andere sein. Denn wer weiß schon, was wir in den Videos oder Posts nicht sehen. Vielleicht ist die gezeigte Perfektion nur auf einen sehr winzigen Bereich begrenzt? Was wenn nur ein ganz kleiner Bereich im Leben unserer Vergleichsperson vorzeigbar und vermeintlich perfekt ist? Dann ist das andere Leben doch gar nicht mehr so beneidenswert, oder?
Deshalb sollten wir uns immer im Hinterkopf behalten, es steckt immer mehr hinter jedem Post in den sozialen Netzwerken, als wir auf den ersten Blick denken. Und genau deshalb sollten wir uns nicht an Social-Media-Posts messen, sondern auf eine eigene Zufriedenheit hinarbeiten.
Für mich persönlich besteht mittlerweile (ich sage bewusst MITTLERWEILE) eine eher distanzierte Beziehung zu den Sozialen Medien. Ich liebe sie wenn es darum geht mit Freunden auf der ganzen Welt in Kontakt zu bleiben. Ich liebe sie auch, wenn es darum geht tolle Film- und Kunstprojekte anderer Leute kennenzulernen und mit interessanten Menschen in Kontakt zu kommen. Unser Blog ist dafür ja selbst das beste Beispiel.
Aber ich gewinne zunehmend Abstand von den Sozialen Medien, wenn es um das gezielte zur Schau stellen von Lebensinhalten oder Persönlichkeiten geht. Vielleicht deswegen, weil ich mich vor dem unterbewusst geschehenden Vergleich „schützen“ will. Außerdem strengt es mich zu sehr an ständig eine endlose Flut an trivialen Nachrichten oder Fotos und Videos zu sehen und dann ja doch irgendwie grob zu überfliegen; man kennt es ja, eigentlich will man den Mist nicht lesen. Man tut es aber trotzdem!
Seiten wie 9 Gag habe ich völlig aus meinem Aufmerksamkeits-Horizont gestrichen. Ebenso Kleiderkreisel (ein Grund war für mich auch das Forum, in dem ich unwillkürlich immer mehr Zeit verplempert hatte. Unter anderem mit dem Lesen von völlig sinnbefreiten Threads. Ich wusste dann zwar was der durchschnittliche Kreisler über die Freundschaft zwischen Mann und Frau denkt – aber ich hatte auch eine Stunde meines Lebens verplempert.) Seitdem ich mich mit dem Minimalismus beschäftige sind immer mehr Zeitfresser aus meinem Leben verschwunden. Und diese verschwundenen Zeitfresser kommen hauptsächlich aus dem Bereich Soziale Medien bzw. dem Internet.
Auch wenn das Internet uns einige Dinge im Leben erleichtert hat und uns (gefühlt) ein Stück näher zusammenwachsen ließ, so raubt es und dennoch viel Lebenszeit. Und genau das sollte es nicht tun. Mut und Courage zu mehr Internet-Minimalismus und mehr Offline-Zeit!
Ich denke also, langsam könnte es Zeit für die nächste Challenge sein.
Ein super Post! Trifft bestimmt auf sehr viele von uns. Seit mein Sohn auf der Welt ist, gehört mein Hand/ Internet nicht mehr zu meinem ständigem Begleiter oder Zeitvertreib.