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Warum keiner über Geld spricht

geld essen bannerIch will Geld essen, doch über Geld spricht man nicht. Außer man hat „zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel“, wie man so gern sagt. Generell gibt es viele Sprichwörter zum Thema, auch im deutschsprachigen Raum: „Geld stinkt nicht“, „Geld regiert die Welt“, „Zeit ist Geld“, „Geld allein macht nicht glücklich“ oder „Die Kunst ist nicht, Geld zu verdienen, sondern es zu behalten.“ Doch warum spricht niemand wirklich über das Geld?

Das böse G-Wort

Vielleicht ist das japanische Sprichwort „Gelddinge schaffen Fremde“ auch für die Deutschen gültig, denn Geld ist ein Thema, worüber die deutsche Bevölkerung ungern spricht. Habt ihr schon einmal mit Freunden ernsthaft über eure Finanzen, einen Finanzplan oder gar Reichtum gesprochen? Wie viel ihr im kommenden Jahr sparen und was ihr mit dem Geld machen wollt? Oder bleibt es meist bei den sarkastischen Bemerkungen, dass am Ende des Geldes noch so viel Monat übrig ist? Und dass man sich dies und das niemals leisten könnte? Sprecht ihr über unerfüllte Träume, die letzten Shopping-Touren über 100 € und sitzt dabei wieder einmal in einem fancy-schmänzy Restaurant und lasst es euch gutgehen?

Vielleicht kennt ihr das: Erst kürzlich hatte ich Besuch von einer langjährigen Freundin und wir sprachen über Dies und Das. Ich bin gerade dabei, ein Depot bei einer Bank zu eröffnen, doch irgendetwas hielt mich zurück, dieses Thema anzusprechen. Ich hatte das Gefühl, dass wir beim Thema Geld verschieden denken werden und scheute den möglichen Konflikt.

Viele haben eine seltsame Beziehung zu Geld: Sie geben es mit vollen Händen zu jeder Möglichkeit aus. Aber um sich etwas wirklich Wichtiges leisten zu können, reicht es nicht. Wo liegt der Fehler? Was macht Geld so schlüpfrig? Wieso mag keiner Geld? Und wieso kann man scheinbar mit niemandem ernsthaft darüber sprechen, wie man sein Geld gewinnbringend anlegt? Wen interessiert es wirklich, ohne gleich über den „Neureichen“ zu lästern? Es ist doch immer so: „Einer hat’s, der andere hat’s gehabt, der dritte hätt‘ es gern.“

Geld ist ein sehr emotionales Thema. Wenn man darüber spricht, trifft man schnell auf Befindlichkeiten und persönliche Präferenzen, die sehr subjektiv sind. Ein objektives Gespräch über Geld kommt kaum zustande, weil man mit jeder Aussage („Ich spare viel“ oder „Ich spare gar nichts“) sofort jemanden in der Runde hat, der einem sagt, dass genau dieser Weg völlig falsch ist und er oder sie das auf keinen Fall, niemals so machen würde. Das ist furchtbar anstrengend, denn diese Gespräche führen zu nichts. Aber warum ist das so?

Wie kümmern sich die anderen?

Ratenzahlungen, Kredite und Kreditkarten wohin man sieht. Schaut man einen Tag lang Fernsehen, sieht man etliche Werbespots für günstige Kredite – sogar ohne SCHUFA-Auskunft und noch heute hast du das Geld auf deinem Konto, oft auch mit 0,0% Zinsen. Das mag vielen sogar unseriös erscheinen. Doch genau die selben Leute haben mindestens eine Versicherung, die sie nicht benötigen, geben Geld für Finanzberater aus oder investieren in Finanzprodukte, die sie nicht verstehen. Doch solange man sich über die unseriös klingende Werbung echauffieren kann, ist die Welt in Ordnung.

„Ich habe mich informiert und habe mein Geld angelegt. Nun kann ich den Rest meines Geldes ausgeben!“ Klingt einleuchtend. Und vor allem klingt es ausreichend. Man „hat etwas getan“, hat seine 9,7 % angelegt (so viel sparte nämlich der Deutsche im Jahr 2015 im Durchschnitt). Wieso sich lang und breit mit so einem schwierigen und öden Thema beschäftigen? Warum sollte man seine Zeit damit vergeuden, wenn es zahlreiche Bankberater gibt, die einem erklären, welche Finanzprodukte am besten sind? Außerdem haben die Kollegen beim letzten Feierabendbier gesagt, dass man mit Versicherung X nichts verkehrt machen kann und dass alle diese Versicherung haben müssen. Müssen!

Mein Geld – nicht meine Verantwortung

Hier kommen einige spannende Punkte zusammen: Kurzum, es ist die Abgabe der Verantwortung, sich um seine eigenen Finanzen zu kümmern. Kann das wirklich gut sein, wenn man die Verantwortung für so einen wichtigen Teil seines Lebens abgibt? Eigentlich müsste das einem doch weh tun, genauso wie wenn man die Kontrolle und Verantwortung über seine Gesundheit aufgibt und… – oh, Moment, das tun ja viele auch. Ok, schlechtes Beispiel.

Kann es sein, dass keiner über Geld spricht, weil niemand wirklich Ahnung hat? Und weil man keine Lust darauf hat, beim im Nebel herumstochern sich vor anderen die Blöße zu geben? Als Ergebnis macht man lieber Witze darüber, wie schlecht man mit Geld umgehen kann, anstatt sich mal auf den Hosenboden zu setzen und sich zu informieren, was man tun muss, um genügend Geld zu haben.

Was ist mir mein Geld wert?

Warum hat man eigentlich sein Geld und warum gibt man es so aus, wie man es ausgibt? Was steckt dahinter, hinter den Mechanismen des Konsums? Handelt man immer aus dem eigenen Bedürfnis heraus oder werden diese Bedürfnisse in uns geweckt, zum Beispiel durch Werbung, Freunde und Idole? Was macht es mit mir, wenn ich mein Geld für etwas ausgebe, das ich mir schon lange gewünscht habe? Oder wenn ich meine Sorgen mit neuer Kleidung wegkaufe? Wenn ich Geld spende? Oder es doch der Markenkaffee und die etwas teureren Bio-Produkte sein sollen?

Geld und wie wir es ausgeben ist ein hochemotionales Thema. Es sagt viel über uns aus und wir geben viel über uns preis, wenn wir anderen eröffnen, wofür wir unsere Moneten verschwenden. Wenn wir Einblick in die Kontoauszüge unserer Freunde oder Arbeitskollegen Einblick hätte, oder wenn wir wüssten, wofür unsere Eltern stets ihr Geld ausgaben… Oder wie Superreiche mit Geld umgehen – oder aber Menschen, die sparsam sind oder sogar den Konsum verweigern. Was würdest du vorfinden, wenn du (vorausgesetzt, ihr habt kein gemeinsames Konto) Einblick auf das Konto deines (Ehe)partners hättest? Du wärst bestimmt erstaunt. Und du bekämst einen sehr tiefen Einblick, wie der Besitzer des Kontos tickt. Wie er sich belohnt, beruhigt, bestraft. Wo er seine Prioritäten setzt, was ihm wichtig ist und was ihm egal ist.

Sparen oder nicht sparen?

Selbst die persönliche Sparrate ist als Diskussionsthema heikel. Man kann sich so leicht auf den Schlips getreten fühlen, wenn einer verkündet, dass er 70% seines Gehalts spart. Klar kann man das nur mit einem Bombengehalt tun, werden die ersten Reaktionen sein. Otto Normalverdiener kann das doch gar nicht, sagt man dann. Und schon wird diskutiert, was denn überhaupt ein gutes Gehalt ist und was für eine Schweinerei die aktuelle Situation in Deutschland und sowieso allen anderen Ländern ist. Generell geht es uns ja einfach schlecht.

/Ironie aus. Wie schade, dass man sich nicht sachlich über so ein Thema unterhalten kann. Wenn man überhaupt spart, wird man auch komisch von der Seite angeschaut. Wenn man sein Geld nicht mit vollen Händen ausgibt, erntet man fragende Blicke. Und wenn es einem dann auch noch gut geht mit den wenigen, bedachten Ausgaben, verstehen die anderen die Welt nicht mehr. Jemand der minimalistisch lebt (minimalistischer als wir vier Autoren ;)), wird ebenso schief angesehen wir jemand, der seine Arbeitszeit reduziert und generell weniger Geld zur Verfügung haben wird. Es wird vielleicht auch gefragt – jedoch selten mit wirklichem Interesse an dem „alternativen Lebensstil“. Vielmehr schützt man sich und seine Art, wie man mit seinem Geld umgeht. Es wird schon richtig sein. Anomalien werden wahrgenommen, aber schnell wieder ignoriert.

Ich rede nicht mehr über Geld

Warum ich nicht mehr über Geld rede? Weil ich wohl auch so eine Anomalie bin, obwohl ich nichts anderes will, als genug Geld zu haben. Ist das nicht der Wunsch eines jeden? Doch allein schon der Versuch, zu definieren, was „genug“ ist, was man wirklich braucht und wofür man sein Geld ausgeben sollte, ist so breit gefächert wie es Menschen auf dieser Welt gibt.

Seit fast drei Jahren schreiben wir hier auf diesem Blog und in dieser Zeit (und auch schon vorher) sind mir so viele Facetten des Minimalismus begegnet, dass es bestimmt mindestens genauso viele Formen von Maximalismus gibt. Und das sind nur Extreme.

Es gibt so viele Menschen wie es Arten gibt, mit Geld umzugehen. Oder war es anders herum…?

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Mein Name ist Dori und ich bin mitten in meinen goldenen Zwanzigern ;) Meine Zeit vertreibe ich mir – nach 5 Jahren Studium in Dresden und Merseburg – mit arbeiten und leben in Frankfurt am Main. Ich schreibe und lese sehr, sehr gern und bin seit etwa 3 Jahren dabei, einen minimalistischen Lebensstil zu kultivieren. Was das ganz genau heißt, möchte ich euch in meinen Posts hier auf www.minimalistenfreun.de gern näher erläutern. Ich beschäftige mich sehr gern mit Design und Sprache, lese gern Blogs zum Thema Architektur und Innendesign/Interieur, außerdem koche ich leidenschaftlich gern – backen ist auch okay ;) Ich liebe es, zu improvisieren und leckere Sachen zu kochen. Am liebsten habe ich dann auch Besuch und bin gern die Gastgeberin einer kunterbunten Runde von lieben Menschen. Eins meiner viel zu wenig ausgeübten Hobbies ist das Nähen – denn Kleidung und Mode ist für mich ein sehr wichtiges Thema, um sich selbst auszudrücken. Ich setze mich gern damit auseinander, meinen Stil zu definieren und ihn mit Kleidung zu verstärken. Dabei möchte ich Wert darauf legen, dass die Sachen, die ich trage, fair produziert wurden und eine hervorragende Qualität haben. In meinen Blog-Posts wird es unter anderem auch um meine Challenge für 2014 gehen, nur Kleidung, Schuhe und Accessoires aus Second Hand und/oder fairer Produktion zu kaufen! :)

4 Kommentare

  1. Hallo Dori,
    schöner Artikel! :)

    Am Schluss schreibst du »[…], obwohl ich nichts anderes will, als genug Geld zu haben.« – meine Einstellung zu »genug« wurde stark vom Buch »Your Money or Your Life« von Vicki Robin beeinflusst.

    Sie schreibt im Buch, dass ein vernünftiges Ziel »genug, und dann noch ein bisschen« (»enough and then some«) sei. Dieses Ziel halte ich auch im Sinne des Minimalismus für erstrebenswert, weil einerseits der möglichst einfache Lebensstil, sowie alle Bedürfnisse gedeckt sind und andererseits immer noch ein bisschen Polster, zur Sicherheit und für den nervlichen Komfort, verfügbar ist.

    Was hältst du davon?
    Liebe Grüße,
    Dominik von supersimpel.at

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    • Hallo Dominik,

      danke für deinen Kommentar! Von dem von dir erwähnten Buch hab ich schon mal gehört, allerdings habe ich es nicht gelesen. Die genannte Definition von „genug“ finde ich gelungen, denn das „und dann noch ein bisschen“ braucht man dann doch ab und zu, wenn es zum Beispiel eine ungeplante Ausgabe gibt – und dererlei gibt es viele.
      Wie ich in meinem nächsten geplanten Beitrag zum Geld noch erzählen werde, ist für mich „genug“, wenn ich sozusagen „fuck you“-Money habe – das heißt, ich habe genug Geld, dass ich die Freiheit besitze, zu gewissen Dingen nein (aka „fuck you“) zu sagen, wenn ich etwas nicht machen möchte. Ich denke da an Jobs, die mir nicht zusagen oder ähnliches. Doch dazu, und wie ich an dieses Geld komme, im nächsten Beitrag von mir :)

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  2. Mit meiner reduzierten Arbeitszeit gehöre ich auch zu den Anomalien :D und oft genug bekomme ich zu hören, wie gut ich es doch hätte, weil ich so viel Zeit habe. Dabei wird natürlich gerne vergessen, dass ich auch entsprechend weniger verdiene und an dem Punkt hörte der Wunsch, mit mir tauschen zu wollen, bisher bei jedem schnell wieder auf. Die Vorstellung, auf ihr gewohntes Geld zu verzichten, ist für die meisten Leute offenbar der reinste Horror. Was m.E. vor allem an der Gewohnheit liegt. Man macht sich für gewöhnlich keine Gedanken, wo das Geld bleibt (und stattdessen bleiben könnte), wenn es sich ein Mal eingespielt hat. Nur wenn sie nicht wissen, wohin mit ihrem Geld oder wenn es zu eng wird, fangen die Leute wieder an zu rechnen. Im ersten Fall, wie sie es anlegen können, damit es sich noch weiter vermehrt, im zweiten Fall, wie sie bis zum nächsten Geldeingang über die Runden kommen, wo sie noch Geld auftreiben können, wie sie ihre Schulden loswerden…
    Sich um Geld keinen Kopf machen zu müssen, ist sicher etwas, was den meisten schon reicht. Denn das heißt ja schon mal, dass es ihnen soweit ganz gut geht und sie klar kommen. Man lebt dann halt seinen Verhältnissen entsprechend, hat weder zu viel noch zu wenig (im Vergleich zu anderen).

    „Und du bekämst einen sehr tiefen Einblick, wie der Besitzer des Kontos tickt. Wie er sich belohnt, beruhigt, bestraft. Wo er seine Prioritäten setzt, was ihm wichtig ist und was ihm egal ist.“ Ja, das ist sicher auch ein Punkt, warum sich viele ungern bei ihren Finanzen über die Schulter schauen lassen. Manche wollen sich wahrscheinlich auch nicht die Blöße geben, wie schlecht es tatsächlich um sie bestellt ist.

    Neid wird auch eine Rolle spielen. Wie viel verdienen/bekommen andere, obwohl sie scheinbar einen leichteren Job haben, gar nicht dafür arbeiten oder sogar eine Firma vor die Wand fahren… und selten ziehen sich die Leute bei dieser Vorstellung die Schuhe komplett an.
    Neid kommt aber vor allem dann auf, wenn man sich mit anderen (und sei es nur in Teilbereichen) vergleicht und nicht bei sich selbst bleibt. Ebenso bei dem, was man fürs Leben braucht. Vielleicht ist es deswegen auch besser so, wenn man nicht zu viel über Geld spricht, denn hundert Euro sind zwar hundert Euro, aber für den Einen ist das wenig und gehen die Scheine locker über die Theke, für einen Anderen hingegen ist das sehr viel Geld und ihm blutet dabei das Herz. Deswegen ist es einfach ein sensibles Thema.

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  3. Du sprichst mir aus der Seele. Jeder Ökonom wird lachen, aber ich führe seit fast 3 Jahren ein Haushaltsbuch und bin in der Zwischenzeit überzeugt, dass Geld zu einem großen Teil eine reine Gefühlssache ist. Anders gesagt: Geld macht nicht glücklich, aber genug Geld erleichtert vieles. Nur was ‚genug‘ oder wie hier so schön gesagt wurde ‚genug und dann noch ein bisschen‘ ist,ist sehr individuell.

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