Ich und sparen… Ich bin fast 30 Jahre alt, bin studiert und seit fast genau 3 Jahren im Berufsleben. Es gibt Leute, die besitzen in meinem Alter schon eine gewisse finanzielle Rücklage. Irgendwo liegt ein Sparbuch / Tagesgeldkonto herum oder so. Bei mir war das leider bis vor Kurzem nicht so. Irgendwie hatte ich nie Geld gespart, auch wenn ich es seit Beginn des Berufslebens locker gehabt hätte. 50 Euro pro Monat hätten mir selbst gegen Ende der Studienzeit nicht weh getan. Doch ich sparte nicht. Warum?
Warum habe ich nie Geld gespart?
Wenig Geld im Studium
Nachdem ich aus einem Haushalt mit wenig finanziellen Mitteln in eine Welt des BAföGs katapultiert wurde, gab ich erstmal alles an Geld aus, das ich bekam. Dies änderte sich auch leider nicht – auch nicht, als ich von zuhause auszog und eigene Wohnungskosten auf mich zukamen. Ich war stets in der Nähe der schwarzen Null – nie drunter, aber auch nicht wirklich darüber. Es galt die Devise: „Was soll ich mit Geld auf dem Konto, wenn es in einem Jahr eh viel weniger wert ist?“ Ich hatte ein schlechtes Bild vom Finanzmarkt, welches durch Erfahrungen von Bekannten, Verwandten und den täglichen Medienberichten gefüttert wurde.
Kompensation durch Kaufen
Dass ich Geld ausgab, welches ich zur Verfügung hatte, änderte sich auch nicht, als ich in die Berufswelt einstieg. Ich hatte höhere Fixkosten, zum Beispiel Miete oder eine Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr, aber auch sehr, sehr viel mehr Einkommen. Es blieb unweigerlich etwas übrig. Long story short: In Wahrheit blieb kaum etwas übrig, denn mit dem Kauf von Dingen kompensierte ich schlechte Gefühle, Ängste, Sorgen, unangenehme Situationen etc. Ich fasse diesen Punkt hier bewusst so kurz und unemotional, weil ich darüber eigentlich ganze Romane schreiben könnte. Dass man unzufrieden ist oder es einem schlecht geht, ist einer der größten Trigger zum übermäßigen Kaufen überhaupt, vielleicht habt ihr das auch schon feststellen können.
Keine Idee, wo man hinwill
Wenn man nichts hat, worauf man sparen sollte und keinen Sinn darin sieht, eine gewisse Menge Geld irgendwo anzulegen, dann tut man es auch nicht. Ich hatte mich bisher immer in sozialen Kreisen bewegt, in denen das Thema Altersvorsorge nicht angesprochen wurde und ich war auch noch nicht in dem Alter, in welchem man beginnt, über Vorsorge nachzudenken. Dazu kommt, dass meine Eltern nie wirklich viel zurücklegen konnten. Da hatte ich also keine Quelle, an die ich mich wenden konnte. Ein eigenes Haus? Klar, das klingt sinnvoll und irgendwie auch schön, dachte ich, als ich die Kisten für meinen fünften (und noch nicht letzten) Umzug packte und mir eigentlich gar nicht vorstellen wollte, so sehr an einen bestimmten Ort mit einer Immobilie gebunden zu sein. Ich wollte mobil sein – nicht immobil.
Warum will ich Geld sparen?
Ich sah mich nie als Haus- oder Sparbuchbesitzer. Wo und wie ich leben wollte, wusste ich auch nie wirklich. (Spoiler: Ich weiß es immer noch nicht! :D) Tja, das einzige was mir immer wichtig war und ist, ist meine Freiheit. Ich möchte – ganz klassisch – entscheiden können, wie ich meinen Tag verbringe, mit wem ich zusammenarbeite, wann ich etwas sein lasse (z. B. wenn es mir sinnlos erscheint) und wann ich all meine Energie in ein Projekt stecke (z. B. weil ich so begeistert davon bin). Das ist Freiheit für mich. Freiheit bedeutet aber auch, ein Leben mit einem Standard zu führen, der mir angemessen erscheint. Dazu gehört keine Klischee-Yacht, aber ich möchte auch – neben Essentials wie Miete oder Lebensmittel – mal etwas kaufen, das mir Freude bereitet oder jemandem unter die Arme greifen können, der Hilfe braucht.
Außerdem sind folgende Szenarien wahrscheinlich:
- Was ist, wenn die gesetzliche Rente für meine Generation nur ein Witz ist?
- Wer garantiert mir, dass ich gesunde und erfolgreiche Kinder habe?
- Kinder, die mich lieben und versorgen wollen / können?
- Wer garantiert mir, dass ich bis 70+ arbeiten kann?
- Und dass ich dann noch in Lohn und Brot stehe?
Geld. Das sind nicht nur abgegriffene Münzen, lapprige Papierscheine oder Zahlen auf dem Konto, sondern Geld bedeutet für mich Freiheit und Sicherheit. Nicht nur im Alter, sondern schon jetzt.
Wie fängt man Geld sparen an?
Geld sparen
Ich habe nun also endlich mein Motiv fürs Sparen gefunden: Freiheit. Aber wie fängt man das Sparen nun an? Eigentlich ist es ziemlich einfach, Geld zu sparen. Diese einfachen Formeln erleichtern einem den Umgang mit Geld:
Gib weniger Geld aus, als du verdienst und kaufe nichts, was du dir nicht leisten kannst.
Das sind zwei super einfache Regeln. Wenn man dann noch erkennt, dass überschüssiges Geld nicht sinnlos vergammelt, sondern für einen arbeiten kann, dann macht das Sparen auch endlich Sinn. Es muss nicht all das Geld ausgegeben werden, welches man hat. Man kann es auch anlegen.
Geld anlegen
Meine bisherigen Informationen über den Finanzmarkt waren, wie bereits erwähnt, eher negativ geprägt. Ich kannte niemanden, der Geld anlegte. Ich hörte immer nur „Lass die Finger davon!“ und kümmerte mich nicht weiter um das Thema. Also stand am Anfang das Sammeln von Informationen: Was mache ich warum? Wie ist das in Deutschland? (Denn meine ersten Quellen bezogen sich alle auf den US-Finanzmarkt.) Ich kam überhaupt erst zum Thema Geld anlegen, ETFs und Co, weil in jedem Blog zum Thema „Financial Independence“ (finanziell unabhängig sein) die Rede davon war. Es konnte doch kein Zufall sein, dass jeder davon sprach und scheinbar alles in Ordnung war und gut lief. Ich beschäftigte mich also intensiver damit und konnte folgendes Fazit ziehen:
Es gibt auf kein Finanzprodukt hohe Zinsen, außer man pokert und zockt. Für eine Altersvorsorge ist das denkbar ungeeignet. Das Geld soll sicher sein und ein bisschen Rendite einfahren. Ein Sparbuch bringt heutzutage fast gar nichts mehr. Das einzige, was es da noch gibt, sind ETFs. Das sind passiv verwaltete Indexfonds. Sie spiegeln – je nach gewähltem ETF – einen mehr oder weniger großen Anteil des (Welt)marktes wieder. Man streut sein Geld breit, hat geringe Kosten für das Management dieser ETFs und man kann das Sparen mit einem Sparplan automatisieren – man muss sich also nicht jeden Tag darum kümmern, sondern – wenn es dann läuft – einmal im Jahr.
Soweit die Fakten.
Die eigene Verantwortung
Ich möchte jedem, der sich für dieses Thema interessiert, ans Herz legen, sich selber gründlich zu informieren, bevor er oder sie etwas kauft und es dann vieelleicht bereut. Alle meine Aussagen zu diesem Thema auf diesem Blog beruhen auf meinen eigenen Erfahrungen und Kenntnissen und sind KEINE Finanzberatung. Bitte informiert euch selber oder sprecht mit jemandem, der sich auskennt und KEINE Produkte an euch verkaufen/vermitteln möchte.
Ich möchte mich eigenverantwortlich um meine Finanzen kümmern. Das Leben ist nicht schwer, wenn man es sich nicht schwer macht. Und zu unserem Leben gehören die Finanzen nun mal dazu. Ich vermute, es ist leichter, einfache Dinge kompliziert darzustellen (Banker erklärt mir ein „Finanzprodukt“), als sich selber mit der Materie auseinanderzusetzen und nach ein bisschen lesen und Informationen sammeln festzustellen, dass es doch gar nicht so schwierig ist. Es ist sogar erschreckend einfach:
- Überlegt euch zuerst, WARUM ihr sparen wollt. Die Motivation muss euch wirklich etwas bedeuten.
- WIE VIEL könnt ihr sparen? Verschafft euch einen Überblick über eure Finanzen. Was geht monatlich an Fixkosten weg? Was braucht ihr für Essen und dafür, dass es euch gut geht?
- WAS bespare ich? Informiere dich gründlich, welche Finanzprodukte für dich wirklich in Frage kommen. Wenn du ETFs zu riskant empfindest oder nichts mit Aktien zu tun haben willst, dann bespare ein Sparbuch. Oder den Sparstrumpf unter der Matratze.
- Fang an, so früh wie möglich. Du musst keinen wohlbezahlten Job haben, um mit dem Sparen anzufangen. Die größte Sparrate erzielst du dadurch, dass du weniger ausgibst: also überlegst, was du wirklich brauchst und ob du etwas wirklich neu kaufen musst. Geht es auch gebraucht? Selbst gemacht? Oder ganz ohne? Erwäge die Alternativen.
Was fällt mir schwer?
Wie spitzfindig der eigene Geist ist, wenn es darum geht, Käufe zu legitimieren… Die Worte „Naja, das habe ich jetzt aber wirklich gebraucht!“ oder „Das hätte ich mir sowieso mal geholt“ und „Gut, dass ich das endlich mal ausgetauscht habe“ oder „Naja, die fünf Euro…“. Sicher, einmal ein Kaffee to go bricht keinem Sparer das Genick. Tätige so eine bestimmte, leichtfertige Ausgabe aber dreimal die Woche, jede Woche, das ganze Jahr über sind wir schnell bei 2,50 € x 3 x 52 = 390 €, was schon für den ein oder anderen günstigen Urlaub ausreicht. Oder – angelegt in zehn Jahren 3.900 € plus Zinsen ergibt.
Was mache ich direkt?
Ich habe ein Depot eröffnet. Ich habe dafür eine Bank ausgewählt, welche sparplanfähige ETFs anbietet. Der nächste Schritt war, zwei ETFs auszuwählen und diese mit einem Sparplan regelmäßig zu besparen. Ich fange erstmal klein an, um zu schauen, wie ich Kursschwankungen aushalte und was es mit mir macht, wenn ich einen tagesaktuellen Wertverlust in meeinem Depot auffinde. Oder aber auch, wie beschwingt ich bin, wenn es positives zu verzeichnen gibt. Die Sparrate hebe ich dann in den kommenden Monaten und Jahren entsprechend an. 50% Sparrate hören sich erstmal utopisch an, doch genau so habe ich vor Kurzem mein BAföG-Darlehen in relativ kürzester Zeit zusammengespart. 60% sind möglich und werden mein Sparziel für das kommende Jahr 2017 sein.
Weiterführende Links:
- Der Finanzwesir (deutsch)
- Mr. Money Moustache (englisch)
Ich kann gar nicht beschreiben, wie viel ich von diesem beiden Blogs gelernt habe. Lest einfach mal selbst, wenn ihr tatsächlich das Gefühl von Sicherheit, aber auch von Freiheit sucht. Und wenn ihr Inspiration und Motivation zu einem einfacheren Leben sucht, was gar nicht so viel kostet, dann schaut definitiv bei Mr. MM vorbei. Einer meiner liebsten Blogs!